Deutsch:
Ich empfehle den hier verlinkten Blogpost „Risks and Rewards“ von Vincent.
Jeder, der sich schon eine Weile mit dem historischem Fechten beschäftigt, hat schon einmal so einen Spruch gehört: „Das würdest du nicht tun, wenn dein Gegner ein scharfes Schwert hätte!“ oder „Das würdest du nicht tun, wenn du keine Fechtmaske aufhättest!“. Diese Klischees unterstreichen, was jeder bereits weiß: Die Risiken bei einem Ernstkampf mit scharfen Schwertern sind viel größer als bei einem Freikampf mit stumpfen Trainingsschwertern, Schutzausrüstung und freundlichen Trainingspartnern. Darauf basierend argumentiert man oft, dass historische Schwertkämpfe vorsichtigeres Verhalten und weniger Doppeltreffer als das heutige freie Fechten aufgewiesen hätten.
In dem verlinkten Blogbeitrag geht der Autor auf die Tatsache ein, dass ein historischer Kampf mit scharfen Schwertern sowohl Risiken als auch Chancen birgt, und dass die Chancen-Seite der Gleichung oft vernachlässigt wird. Er schreibt:
Wenn man scharfe Schwerter in das heutige Fechten einbringt (indem man tatsächlich mit scharfen Schwertern ficht oder sich nur vorstellt, man würde mit scharfen Schwertern fechten), erhöht man das Risiko erheblich. Plötzlich steht tatsächlich das Leben auf dem Spiel. Ein Fehltritt kann dazu führen, dass man sich aufspießt. Das Risiko ist zwar nicht so hoch wie bei einem echten Duell mit jemandem, der dich verletzen will, aber es ist immer noch viel höher als bei einem gewöhnlichen Freikampf mit Schutzausrüstung. Andererseits sind die Anreize zu gewinnen, genau dieselben. Triffst du deinen Gegner (ohne getroffen zu werden), gewinnst du einfach eine der vielen Fechtrunden, die du an diesem Tag hoffentlich haben wirst. Das ist kein genaueres Abbild der Realität, man hat lediglich den Schwerpunkt radikal in Richtung Vorsicht verschoben. Man müsste auch die Anreize erhöhen, und zwar so sehr, dass das in der modernen Welt wahrscheinlich schwer zu erreichen wäre.
– “Risks and Rewards” von “Vincent”, Hervorhebung von mir hinzugefügt
In unserer Welt ist ein Kampf mit scharfen Schwertern mit Risiken verbunden, die nicht mit angemessenen Belohnungen einhergehen. In der historischen Welt, die wir untersuchen, ist das nicht unbedingt der Fall.
Der Überlebenswille war noch nie der einzige Grund, sich auf ein Duell einzulassen. Es war schon immer klar, dass man in einem Duell mit einem vergleichbar fähigen Gegner wahrscheinlicher verwundet wird als nicht. Sich auf ein Duell einzulassen, ist eine Entscheidung, sein Leben aufs Spiel zu setzen, um etwas zu verteidigen oder etwas zu erlangen, das als ebenso wichtig erachtet wird: Ehre, Rache oder etwas Ähnliches. Selbst eine Selbstverteidigungssituation setzt mindestens eine Person voraus, die motiviert ist, den anderen zu verletzen, damit es überhaupt zu einem Kampf kommt. Die Belohnung mag uns heute sinnlos, ja sogar unmoralisch erscheinen, aber sie war da. Die Tatsache, dass es überhaupt Duelle gab, deutet darauf hin, dass ein gewisses Gleichgewicht zwischen Risiko und Belohnung bestand, und eine unverhältnismäßige Erhöhung des Risikos bzw. der Belohnung führt zu Trainingssituationen, die eine grundlegend andere Dynamik aufweisen.
– “Risks and Rewards” von “Vincent”, Hervorhebung von mir hinzugefügt
Er unterstreicht seine Behauptungen mit dem Verweis auf die vielen historischen Duelle, die alles andere als ein vorsichtiges Fechten sind:
Man denke nur an das berühmte französische Duell des Mignons im Jahr 1578, an dem sechs Adlige beteiligt waren, von denen schließlich nur zwei überlebten. Zwei von ihnen starben auf der Stelle, einer erlag am nächsten Tag seinen Wunden, ein weiterer dreiunddreißig Tage später. Kein einziger kam ungeschoren davon, die geringste schwere Verletzung war eine oberflächliche Wunde am Arm. Die scharfen Klingen haben diese Männer sicher nicht besonders vorsichtig oder zurückhaltend gemacht.
– “Risks and Rewards” von “Vincent”
Ich empfehle, einfach den gesamten Beitrag zu lesen.
English:
I highly recommend the blogpost “Risks and Rewards” by Vincent linked here.
Everyone who has done HEMA for a while has heard some variation of the phrase “You wouldn’t do that if your opponent had a sharp sword!” or “You wouldn’t do that if you didn’t have a fencing mask on!”. These clichés underscore what everyone already knows: the risks involved in a fight with sharp swords are much greater than in a fencing bout with blunt swords, protective gear, and friendly training partners. On that basis many people argue that historical sword fights must have been more cautious and “clean” than modern free fencing.
In the linked blog-post, the author discusses the fact that a historical fight with sharp swords involves both risks and rewards, and that the reward-side of the equation is often neglected. He writes:
“When you bring sharp swords into modern freeplay (whether you actually do it or just imagine), you increase the risks a lot. Suddenly, life is indeed on the line. A misstep can have you stumbling on a point. This is not the level of risk that you would meet in a real duel with someone intent on wounding you, but it is still much higher than more common freeplay with safety equipment. On the other hand, the rewards remain exactly the same. You simply win one of the many exchanges that you will hopefully get that day. This is not a more accurate reflection of the real thing, you have simply radically shifted the emphasis towards caution. You would have to increase the rewards as well, to an amount that is probably going to be hard to reach in the modern world.”
– “Risks and Rewards” by “Vincent” linked here, emphasis added by me
In our world, a fight with sharp swords introduces risks without commensurate rewards. In the historical world we are studying, that is not necessarily the case.
“See, people do not get into a duel solely out of a concern of self-preservation, and never did. It has always been obvious that in a duel against an opponent of comparable skill, you have more chances to be wounded than not. Getting into a duel is a decision to put your life on the line to defend or obtain something deemed equally important: honour, vengeance, something like that. Even in a self-defence situation, it takes at least one person motivated to harm the other to get a fight at all. The reward may now seem pointless to us, even immoral, but it was there. That duels took place at all indicates that there was some balance between the risks and rewards, and disproportionally increasing risks, or rewards for that matter, creates training situations that have a fundamentally different dynamic.“
– “Risks and Rewards” by “Vincent” linked here, emphasis added by me
He underscores his claims with reference to the many examples of historical duels that were anything but careful, cautious fencing:
Consider the famous French duel des Mignons involving six nobles in 1578, out of which only two eventually survived. Two died on the spot, one died of his wounds the day after, another thirty-three days later. Not a single one got away unscathed, the least serious injury being a superficial wound to the arm. Certainly sharp blades did not make these guys particularly cautious or restrained.
– “Risks and Rewards” by “Vincent” linked here
I recommend just reading the entire post.

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